Golden autumn at the Lago di Como

Dank des 500. Jahrestages der Reformation und der damit verbundenen 2 Feiertage in NRW bot sich in diesem Jahr die Chance, zum Ende des Radsportjahres noch einmal ein paar schöne Tage auf dem Rad zu verbringen. Da die Wetterprognose für die Heimat nicht ganz den goldenen Spätherbst versprach, entschieden sich Maria und ich zu einen Kurztrip nach Colico an den Lago di Como. Prognostizierte Temperaturen von bis zu 20 Grad und viele Sonnenstunden ließen uns nicht lange überlegen. Also ging es am Freitag Richtung Süden, wobei wir am Abend noch einen Zwischenstopp in der Schweiz einlegten und die restlichen Kilometer erst am nächsten Morgen unter die Räder nahmen. Das bereits herrliche Wetter nutzen wir noch für einen kleinen Spaziergang am Pfäffikersee und freuten uns auf die kommenden Tage.

Am nächsten Morgen klingelte früh der Wecker, da wir für den ersten Tag bereits eine kleine Tour geplant hatten. Unsere Reiseroute führte über den Splügenpass aus der Schweiz Richtung Italien, wobei uns auf der Passhöhe im Morgengrauen der erste atemberaubende Anblick erwartete – die Außentemperatur von -5 Grad störte im Auto nicht wirklich.Gegen 10 Uhr erreichten wir unser Apartment in unmittelbarer Nähe zur Uferpromenade des Comer Sees. Nach einem kurzen Frühstück ging es direkt los und wir fuhren zunächst von Colico etwa 15 Km am Ufer entlang Richtung Bellano. Von hier bogen wir ins Landesinnere ab und dementsprechend ging es direkt mit unzähligen Serepntinen bergauf.

So groß der Trubel auch entlang der Uferstraße seien mag, umso ruhiger und malerischer ist es im Hinterland. Wir fuhren über die athmosphärischen kleinen Bergsträßchen der Lombardei hinauf zur Alpe Giumello, von wo es einen fantastischen Blick hinab ins Tal gab! Nach der ersten Abfahrt ging es über Premana und Tremenico zurück Richtung Lago, wo die letzten flachen Kilometer zurück zur Unterkunft warteten. Etwas erschöpft von dem langen Tag fielen uns nach dem Abendessen und einem Gläschen Rotwein dann auch recht schnell die Augen zu.

Am nächsten Morgen lachte bereits die Sonne von Himmel und nach dem ausgiebigen Frühstück starteten wir von Colico Richtung Morbend. Es wartete der Passo di San Marco, immerhin rund 29 km lang und mit 1700 Höhenmetern gespickt. Die ersten Kilometer bis Albaredo per San Marco ließen sich dabei angenehm und gleichmäßig pedalieren. Bereits am Ortseingang wartete aber die erste kleine Rampe und nach der Ortschaft wechselten sich teils steile Abschnitte und Flachpassagen miteinander ab – wirklich schwer einen guten Rhythmus zu finden. Die letzten 3 Kilometer hatten es dann wirklich nochmal in sich. Jenseits der Baumgrenze ging es dem Gipfel entgegen, der an diesem Tag wirklich sehr stürmische Wind kam zu Glück größten Teils von hinten. Auf der Passhöhe hatten wir in der Tat Mühe einen sicheren Stand zu finden und unsere Räder festzuhalten.

Es schien also eine turbulente Abfahrt zu werden. Trotz einiger heftiger Böen fuhren wir aber auch dank der neuen Laufräder von Zipp sicher ins Tal. Ich hatte an diesem Tag erstmals die 454 NSW montiert und war angesichts der hohen Felge doch etwas skeptisch, ob das heute aufgrund des Sturms so eine gute Wahl gewesen ist. Aber sowohl in Punkto Windanfälligkeit als auch beim Bremsverhalten waren die Laufräder absolut kompromisslos und die Sorgen stellten sich glücklicherweise als vollkommen unbegründet heraus. Mit hohem Tempo rollten wir Richtung San Giovanni Bianca, wo der zweite Anstieg des Tages begann.

Wieder genossen wir einen absoluten landschaftlichen Leckerbissen. Es ging zunächst durch eine tief in den Fels geschnittene Schlucht, wobei die Straße eher gemächlich Anstieg. Das ändert sich jedoch in der Folge etwas und rund um die Ortschaften Olda und Avolasio warteten teils steile Rampen. Vorallem bei Maria schwanden zunehmend langsam die Kräfte, aber mit gutem Zureden und ein paar lieben Worten erreichten wir schlussendlich den letzten Kulminationspunkt der Runde an der Culmine di San Petro. Von hier ging es die letzten 50 Km größtenteils nur noch bergab bzw. flach zurück. In Bellagio kehrten wir wieder auf die Uferstraße des Comer Sees zurück und fuhren den nun schon bekannten weg zurück Richtung Colico.

Angesichts der 150 Km und der 3100 Höhenmeter am Vortag sollte es an Tag 3 zumindest ein wenig flacher werden. Unsere Lösung dafür war eine komplette Umrundung des Comer Sees. Frisch gestärkt starteten wir über Lenno Richtung Como, da wir die Runde entgegen dem Uhrzeigersinn fahren wollten. Wie vorher befürchtet war der Verkehr auf dieser Strecke doch relativ stark, wobei man die große Hauptstraße teilweise auch für kleine und gemütliche Tunnelumfahrungen verlassen hat. Zudem entschädigte das Seepanorama für den ein oder anderen kleinen Stau in den engen Gassen der Ortschaften. Auf dem Weg von Como in Richtung Bellagio nahm der Verkehr spürbar ab und der Weg mit dem stetigen auf und ab entlang des Wassers erinnerte mich ein wenig an die Küstenstraße auf Mallorca. Kurz vor Bellagio konnten wir auch einen Blick auf die gegenüberliegende Villa del Balbianello werfen – Drehort von Star Wars Episode II und Schauplatz der Kussszene zwischen Anikan und Padme.

Beflügelt von der Macht passierten wir die Landspitze bei Bellagio und kurze Zeit später erreichten wir auch schon Lecco am Südostende des Sees. Von hier waren es nur noch gut 40 Km und zudem half für die letzte Stunde auch noch ein laues Lüftchen von hinten. Zumindest ich hatte dieses auch bitter nötig, da das ständige auf und ab über die schlussendlich 166km doch recht anstrengend wurde. Nördlich von Lecco wartete noch ein gut 2 Km langes Stück entlang einer großen Schnellstraße, die zwar für Rennräder freigegeben aber nicht wirklich geeignet ist. Da es an dieser Stelle aber keine Möglichkeit einer Umfahrung gibt, mussten wir wohl oder übel hier entlang.

Aber auch diese Stück ging zum Glück ohne brenzlige Momente vorüber und so fuhren wir die letzten 30 km auf der Uferstraße und konnten einen atemberaubenden Sonnenuntergang genießen.

Am nächsten Tag ging es wieder hoch hinaus. Wir fuhren zunächst ein Stück mit dem Auto Richtung Chiavenna, von wo aus wir erst den Malojapass und anschließend den Julierpass unter die Räder nehmen wollten. Früh am Morgen war der Himmel zwar klar, aber entsprechend kalt war es auch. Das Thermometer zeigte bei Abfahrt einstellige Temperaturen. Auf den ersten 20 Km fielen die Temepraturen dann rapide noch weiter bis unter den Gefrierpunkt ab, da die Sonne es aufgrund der umliegenden Berge nicht bis hinunter in die Talsohle schaffte. Vor allem ich hatte dadurch doch sehr mit erfrorenen Fingern und Füßen zu kämpfen und musste ich in einer Kurve erst einmal in die Sonne stellen und aufwärmen. In der Folge drehte die Talrichtung glücklicherweise etwas Richtung Norden, sodass die im Süden stehende Sonne die Temperaturen endlich etwa anstiegen lies – zumindest bekam ich wieder ein Gefühl in den Fingern.

Nach dem kleinen Örtchen Cassacia warteten die letzten Kilometer hinauf nach Maloja. Man sah zunächst nur eine steile Wand vor uns, dann schlängelte sich die Straße Serpentine um Serpentine den Berg hinauf – Radlerherz was willst du mehr! Oben angekommen wartete ein faszinierender Ausblick über das in das Gold der Bäume getauchte Tal. Nach einer kurzen Fotopause fuhren wir weiter in Richtung St. Moritz, entlang der 2 großen Seen, in denen die nun hoch am Himmel stehende Mittagssonne funkelte. Kurze Zeit später nahmen wir die Abzweigung in Richtung Julierpaass, wo die ersten Meter es wirklich in sich hatten. Danach wurde das Gelände aber etwas flacher und man konnte die von Felsen und Brocken durchzogene Mondlandschaft bewundern, die mich ein wenig an die letzten Kilometer des Col de Galibier erinnerte.

Auf 2284 Metern angekommen schauten wir noch ein wenig auf die ersten Schneeberge des Jahres, bevor es in die rasante und vorallem ziemlich kalte Abfahrt zurück Richtung Chiavenna ging. Das etwa 10 Km lange Flachstück entlang der Seen war dabei nochmals eine willkommene Möglichkeit, den Körper etwas aufzuwärmen. Den „Eisschrank“ vom Morgen hatte ich noch gut in Erinnerung und auch am Nachmittag war es in dem schattigen Tal am Fuße des Maloja nicht wirklich wärmer geworden. Wir kamen aber gut und sicher – wenn auch etwas abgekühlt – unten an und mit dem Auto ging es zurück zur Unterkunft.

Für den letzten Tag hatte Maria nochmal einen echten Geheimtipp für uns Parat – La Piazza Montemezzo, eine Sackgassenstraße am Nordwestufer des Comer See. Nach der kurzen flachen Anfahrt begann in Gera Lario der Aufstieg und die Straße schlängelte sich den Berg hinauf. Nach gut der Hälfte des Aufstieges wurde die Straße zunehmend schmaler – und steiler! Es warteten Rampen bis zu 20 % in einem goldigen Herbstwald. Langsam lichteten sich sodann aber die Bäume und die Straße wurde wieder deutlich flacher. Oben wurden wir jedoch für die Anstrengungen der letzten Kilometer mit einem Blick über den gesamten Comer See mehr als entschädigt.

Nach einem kurzen Nickerchen in einem riesigen Laubhaufen fuhren wir die steile Straße wieder hinab und rollten zurück zur Unterkunft. Wie immer waren die letzten Tage viel zu schnell vergangen und die Zeit im schönen Süden zu schnell wieder vorbei. Dennoch bleiben auch diesmal wieder unendlich viele schöne Erinnerungen an Momente und Orte. Manchmal ist es so einfach glücklich zu sein, man muss es nur machen!

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